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Harald Popp - Katalog - Arbeitsstipendium Hamburg - Jenny Nachtigall - 01
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33. Arbeitsstipendium der Freien und Hansestadt Hamburg
Text by Jenny Nachtigall

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Harald Popp - Katalog - Arbeitsstipendium Hamburg - Jenny Nachtigall - 02
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Harald Popp
Jenny Nachtigall


Die Bilder der Welt werden realer als diese selbst, schrieb Guy Debord Ende der 1960er Jahre in seiner berühmten Diagnose kapitalistischer Bildökonomien und ihrer Pervertierungen von Original und Kopie. Die medialisierte und kommodifizierte Logik von Wahrnehmung und Realität, die Debord noch ausgehend von den analogen Techniken der massenhaften Verbreitung von Bildern deklinierte, und an der sich Künstler/innen der „Pictures Generation“ abarbeiteten, trägt heute die Signatur des Digitalen, das sich vom Ökonomischen zum Sozialen und darüber hinaus spannt. Heute sind wir nicht nur von digitalen Bildern und Objekten umgeben, die das Original zur Makulatur einer obsoleten Ordnung der Dinge werden lassen; wir sind auch Zeug/innen einer Digitalisierung des Subjekts selbst, seiner physischen und psychischen Vermögen und Relationen. Die Kunst, die nun der gesellschaftlichen Produktion synchron ist, bleibt hier keine Ausnahme mehr. Während sich soziale Beziehungen im Modus einer „like“- Ökonomie akkumulieren, ist auch sie dem Digitalen subsumiert, das die Hierarchie ihrer Gattungen entthront hat. Anders jedoch als Positionen, die dieser Entwicklung mit einer me- lancholischen Rückbesinnung auf ein letztlich modernistisches Konzept von Medienspezifik begegnen, arbeitet Harald Popp an einer Spezifik des Gegenwärtigen, in der Digitalität als der Stoff unserer Zeit greifbar wird.
Es ist nicht das Große und Spektakuläre, sondern das Marginale, das Mindere und das Alltägliche, an dem Popp die digitale Neukonfiguration zeitgenössischer Objekte und Subjekte vorführt. Nutzlose, skurrile Keramik- objekte, Stifte, Steine, Muscheln, Äste, Nippes und andere Strandgüter von Flohmärkten und Resterampen der kapitalistischen Warenwelt sind die Protagonisten der hier abgebildeten Fotografien. In Harald Popps Arbeiten prallen die unterschiedlichen zeitlichen und medialen Ordnungen des Analogen und Digitalen in einem Bildraum aufeinander und produzieren Störungen, die es erst erlauben, ihre materiellen Fundamente greifbar zu machen. Die Postkarte einer goldenen Miniaturrüstung, ein Ast, ein hellbrauner Haarbüschel vor weißem Hintergrund wirken wie Studien zu Form, Farbe und Material, die mit Werkzeugen digitaler Bildbear- beitung produziert wurden. Beim zweiten Blick erst erkennt man, dass diese Objekte nicht freigestellt, sondern manuell aufgestellt und vorgestellt sind. Sie sind getragen von transparenten Flaschen, Gläsern und weißen Plastikbechern, deren Materialität die Künstlichkeit des Setups spiegelt. Subtile Schattenwürfe oder die kaum erkennbare Unregelmäßigkeit des Farbauftrags auf nahezu perfekt invertiert erscheinenden schwarzen und weißen Kaffeebechern brechen wie ein Witz auf Roland Barthes’ punctum die Kontinuität der Anordnung in kalkulierter Weise.
Harald Popps Arbeiten sind nicht Mimesis digitaler Repräsentationsmodi, sondern ein Nachstellen, das als ein Vorstellen funktioniert; das Vorstellen oder Vorführen des Digitalen als einer materiellen Struktur, die eine technologische, aber nicht zuletzt auch eine gesellschaftliche und ökonomische ist und sich tief in die Körper von Objekten und Subjekten eingeschrieben hat. Indem Popp die Mechanismen digitaler Bildproduktion (z.B. Freistellen, Invertieren, Stempeln) in analoge Anordnungen transponiert, gibt er der vermeintlichen Körperlosigkeit des Digitalen materielle Form. Bar jeglicher Nostalgie und Index-Romantik, funktionieren seine Anordnungen vielmehr als nahezu taktile Irritationen im Blickschema von Betrachter/innen.
Es entstehen mediale Kippfiguren, die zwischen analog und digital fluktuieren, dabei jedoch weniger als Trompe l’oeil oder optische Täuschung, sondern als die Vorführung einer Zweidimensionalität funktionieren, die System hat: Sie ist temporal, medial und räumlich. In Popps Arbeiten wird die photographische Simulation eines realen Raumes einer Enträumlichung unterworfen, die Objekte als Flächen erscheinen lässt. Photo- graphie verhält sich als Graphik – ein vorgespieltes Ringen um Legitimität, das sich seit Anfang des letzten Jahrhunderts wesentlich ernster zwischen Photographie und Malerei abspielte, deren Repräsentationsmodi die Photographie noch lange zu imitieren suchte. Als ironischer Wink auf das derweil anachronistische Konkurrenzgerangel der Genres produzierte Popp eine überdimensionierte Photographie eines Malkastens vor schwarzem Hintergrund, deren Abbildung an zentraler Position in diesem Katalog platziert ist. Auf dem Katalogcover, das die comichafte Figur eines Malers mit Lampennase zeigt, taucht er in modifizierter Form einer possierlichen Miniaturfilzpalette wieder auf, jedoch auch hier vor einem Hintergrund, der digitale Flächig- keit suggeriert. Katalogcover und -rücken bilden eine konzeptuelle (Lampe an/aus, Anfang/Ende), wie auch eine materielle Klammer. Während der Zusammenhang der einzelnen Bilder sich erst beim Durchblättern des Katalogs einstellt, ergibt sich beim Öffnen der Klammer eine andere Bildlogik: Jedes Blatt ist beidseitig mit Bilderpaaren bedruckt, die sich nun beliebig zu neuen Anordnungen kombinieren lassen. Die lineare Buchform löst sich somit auf in ein Netzwerk von Möglichkeiten, deren konkrete Materialisierung bei den Betrachter/innen liegt.

 

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Harald Popp
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Die Bilder der Welt werden realer als diese selbst, schrieb Guy Debord Ende der 1960er Jahre in seiner berühmten Diagnose kapitalistischer Bildökonomien und ihrer Pervertierungen von Original und Kopie. Die medialisierte und kommodifizierte Logik von Wahrnehmung und Realität, die Debord noch ausgehend von den analogen Techniken der massenhaften Verbreitung von Bildern deklinierte, und an der sich Künstler/innen der „Pictures Generation“ abarbeiteten, trägt heute die Signatur des Digitalen, das sich vom Ökonomischen zum Sozialen und darüber hinaus spannt. Heute sind wir nicht nur von digitalen Bildern und Objekten umgeben, die das Original zur Makulatur einer obsoleten Ordnung der Dinge werden lassen; wir sind auch Zeug/innen einer Digitalisierung des Subjekts selbst, seiner physischen und psychischen Vermögen und Relationen. Die Kunst, die nun der gesellschaftlichen Produktion synchron ist, bleibt hier keine Ausnahme mehr. Während sich soziale Beziehungen im Modus einer „like“- Ökonomie akkumulieren, ist auch sie dem Digitalen subsumiert, das die Hierarchie ihrer Gattungen entthront hat. Anders jedoch als Positionen, die dieser Entwicklung mit einer me- lancholischen Rückbesinnung auf ein letztlich modernistisches Konzept von Medienspezifik begegnen, arbeitet Harald Popp an einer Spezifik des Gegenwärtigen, in der Digitalität als der Stoff unserer Zeit greifbar wird.
Es ist nicht das Große und Spektakuläre, sondern das Marginale, das Mindere und das Alltägliche, an dem Popp die digitale Neukonfiguration zeitgenössischer Objekte und Subjekte vorführt. Nutzlose, skurrile Keramik- objekte, Stifte, Steine, Muscheln, Äste, Nippes und andere Strandgüter von Flohmärkten und Resterampen der kapitalistischen Warenwelt sind die Protagonisten der hier abgebildeten Fotografien. In Harald Popps Arbeiten prallen die unterschiedlichen zeitlichen und medialen Ordnungen des Analogen und Digitalen in einem Bildraum aufeinander und produzieren Störungen, die es erst erlauben, ihre materiellen Fundamente greifbar zu machen. Die Postkarte einer goldenen Miniaturrüstung, ein Ast, ein hellbrauner Haarbüschel vor weißem Hintergrund wirken wie Studien zu Form, Farbe und Material, die mit Werkzeugen digitaler Bildbear- beitung produziert wurden. Beim zweiten Blick erst erkennt man, dass diese Objekte nicht freigestellt, sondern manuell aufgestellt und vorgestellt sind. Sie sind getragen von transparenten Flaschen, Gläsern und weißen Plastikbechern, deren Materialität die Künstlichkeit des Setups spiegelt. Subtile Schattenwürfe oder die kaum erkennbare Unregelmäßigkeit des Farbauftrags auf nahezu perfekt invertiert erscheinenden schwarzen und weißen Kaffeebechern brechen wie ein Witz auf Roland Barthes’ punctum die Kontinuität der Anordnung in kalkulierter Weise.
Harald Popps Arbeiten sind nicht Mimesis digitaler Repräsentationsmodi, sondern ein Nachstellen, das als ein Vorstellen funktioniert; das Vorstellen oder Vorführen des Digitalen als einer materiellen Struktur, die eine technologische, aber nicht zuletzt auch eine gesellschaftliche und ökonomische ist und sich tief in die Körper von Objekten und Subjekten eingeschrieben hat. Indem Popp die Mechanismen digitaler Bildproduktion (z.B. Freistellen, Invertieren, Stempeln) in analoge Anordnungen transponiert, gibt er der vermeintlichen Körperlosigkeit des Digitalen materielle Form. Bar jeglicher Nostalgie und Index-Romantik, funktionieren seine Anordnungen vielmehr als nahezu taktile Irritationen im Blickschema von Betrachter/innen.
Es entstehen mediale Kippfiguren, die zwischen analog und digital fluktuieren, dabei jedoch weniger als Trompe l’oeil oder optische Täuschung, sondern als die Vorführung einer Zweidimensionalität funktionieren, die System hat: Sie ist temporal, medial und räumlich. In Popps Arbeiten wird die photographische Simulation eines realen Raumes einer Enträumlichung unterworfen, die Objekte als Flächen erscheinen lässt. Photo- graphie verhält sich als Graphik – ein vorgespieltes Ringen um Legitimität, das sich seit Anfang des letzten Jahrhunderts wesentlich ernster zwischen Photographie und Malerei abspielte, deren Repräsentationsmodi die Photographie noch lange zu imitieren suchte. Als ironischer Wink auf das derweil anachronistische Konkurrenzgerangel der Genres produzierte Popp eine überdimensionierte Photographie eines Malkastens vor schwarzem Hintergrund, deren Abbildung an zentraler Position in diesem Katalog platziert ist. Auf dem Katalogcover, das die comichafte Figur eines Malers mit Lampennase zeigt, taucht er in modifizierter Form einer possierlichen Miniaturfilzpalette wieder auf, jedoch auch hier vor einem Hintergrund, der digitale Flächig- keit suggeriert. Katalogcover und -rücken bilden eine konzeptuelle (Lampe an/aus, Anfang/Ende), wie auch eine materielle Klammer. Während der Zusammenhang der einzelnen Bilder sich erst beim Durchblättern des Katalogs einstellt, ergibt sich beim Öffnen der Klammer eine andere Bildlogik: Jedes Blatt ist beidseitig mit Bilderpaaren bedruckt, die sich nun beliebig zu neuen Anordnungen kombinieren lassen. Die lineare Buchform löst sich somit auf in ein Netzwerk von Möglichkeiten, deren konkrete Materialisierung bei den Betrachter/innen liegt.

 

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Die Bilder der Welt werden realer als diese selbst, schrieb Guy Debord Ende der 1960er Jahre in seiner berühmten Diagnose kapitalistischer Bildökonomien und ihrer Pervertierungen von Original und Kopie. Die medialisierte und kommodifizierte Logik von Wahrnehmung und Realität, die Debord noch ausgehend von den analogen Techniken der massenhaften Verbreitung von Bildern deklinierte, und an der sich Künstler/innen der „Pictures Generation“ abarbeiteten, trägt heute die Signatur des Digitalen, das sich vom Ökonomischen zum Sozialen und darüber hinaus spannt. Heute sind wir nicht nur von digitalen Bildern und Objekten umgeben, die das Original zur Makulatur einer obsoleten Ordnung der Dinge werden lassen; wir sind auch Zeug/innen einer Digitalisierung des Subjekts selbst, seiner physischen und psychischen Vermögen und Relationen. Die Kunst, die nun der gesellschaftlichen Produktion synchron ist, bleibt hier keine Ausnahme mehr. Während sich soziale Beziehungen im Modus einer „like“- Ökonomie akkumulieren, ist auch sie dem Digitalen subsumiert, das die Hierarchie ihrer Gattungen entthront hat. Anders jedoch als Positionen, die dieser Entwicklung mit einer me- lancholischen Rückbesinnung auf ein letztlich modernistisches Konzept von Medienspezifik begegnen, arbeitet Harald Popp an einer Spezifik des Gegenwärtigen, in der Digitalität als der Stoff unserer Zeit greifbar wird.
Es ist nicht das Große und Spektakuläre, sondern das Marginale, das Mindere und das Alltägliche, an dem Popp die digitale Neukonfiguration zeitgenössischer Objekte und Subjekte vorführt. Nutzlose, skurrile Keramik- objekte, Stifte, Steine, Muscheln, Äste, Nippes und andere Strandgüter von Flohmärkten und Resterampen der kapitalistischen Warenwelt sind die Protagonisten der hier abgebildeten Fotografien. In Harald Popps Arbeiten prallen die unterschiedlichen zeitlichen und medialen Ordnungen des Analogen und Digitalen in einem Bildraum aufeinander und produzieren Störungen, die es erst erlauben, ihre materiellen Fundamente greifbar zu machen. Die Postkarte einer goldenen Miniaturrüstung, ein Ast, ein hellbrauner Haarbüschel vor weißem Hintergrund wirken wie Studien zu Form, Farbe und Material, die mit Werkzeugen digitaler Bildbear- beitung produziert wurden. Beim zweiten Blick erst erkennt man, dass diese Objekte nicht freigestellt, sondern manuell aufgestellt und vorgestellt sind. Sie sind getragen von transparenten Flaschen, Gläsern und weißen Plastikbechern, deren Materialität die Künstlichkeit des Setups spiegelt. Subtile Schattenwürfe oder die kaum erkennbare Unregelmäßigkeit des Farbauftrags auf nahezu perfekt invertiert erscheinenden schwarzen und weißen Kaffeebechern brechen wie ein Witz auf Roland Barthes’ punctum die Kontinuität der Anordnung in kalkulierter Weise.
Harald Popps Arbeiten sind nicht Mimesis digitaler Repräsentationsmodi, sondern ein Nachstellen, das als ein Vorstellen funktioniert; das Vorstellen oder Vorführen des Digitalen als einer materiellen Struktur, die eine technologische, aber nicht zuletzt auch eine gesellschaftliche und ökonomische ist und sich tief in die Körper von Objekten und Subjekten eingeschrieben hat. Indem Popp die Mechanismen digitaler Bildproduktion (z.B. Freistellen, Invertieren, Stempeln) in analoge Anordnungen transponiert, gibt er der vermeintlichen Körperlosigkeit des Digitalen materielle Form. Bar jeglicher Nostalgie und Index-Romantik, funktionieren seine Anordnungen vielmehr als nahezu taktile Irritationen im Blickschema von Betrachter/innen.
Es entstehen mediale Kippfiguren, die zwischen analog und digital fluktuieren, dabei jedoch weniger als Trompe l’oeil oder optische Täuschung, sondern als die Vorführung einer Zweidimensionalität funktionieren, die System hat: Sie ist temporal, medial und räumlich. In Popps Arbeiten wird die photographische Simulation eines realen Raumes einer Enträumlichung unterworfen, die Objekte als Flächen erscheinen lässt. Photo- graphie verhält sich als Graphik – ein vorgespieltes Ringen um Legitimität, das sich seit Anfang des letzten Jahrhunderts wesentlich ernster zwischen Photographie und Malerei abspielte, deren Repräsentationsmodi die Photographie noch lange zu imitieren suchte. Als ironischer Wink auf das derweil anachronistische Konkurrenzgerangel der Genres produzierte Popp eine überdimensionierte Photographie eines Malkastens vor schwarzem Hintergrund, deren Abbildung an zentraler Position in diesem Katalog platziert ist. Auf dem Katalogcover, das die comichafte Figur eines Malers mit Lampennase zeigt, taucht er in modifizierter Form einer possierlichen Miniaturfilzpalette wieder auf, jedoch auch hier vor einem Hintergrund, der digitale Flächig- keit suggeriert. Katalogcover und -rücken bilden eine konzeptuelle (Lampe an/aus, Anfang/Ende), wie auch eine materielle Klammer. Während der Zusammenhang der einzelnen Bilder sich erst beim Durchblättern des Katalogs einstellt, ergibt sich beim Öffnen der Klammer eine andere Bildlogik: Jedes Blatt ist beidseitig mit Bilderpaaren bedruckt, die sich nun beliebig zu neuen Anordnungen kombinieren lassen. Die lineare Buchform löst sich somit auf in ein Netzwerk von Möglichkeiten, deren konkrete Materialisierung bei den Betrachter/innen liegt.