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Harald Popp - Katalog - Galerie im Marstall Ahrensburg - Nicole Büsing & Heiko Klaas
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Fundus, Galerie im Marstall Ahrensburg
Text by Nicole Büsing & Heiko Klaas

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Das Unvertraute im Vertrauten
Nicole Büsing & Heiko Klaas

Der Hamburger Künstler Harald Popp ist ein Virtuose der Vieldeutigkeit. Seine fotografischen Tableaus beruhen auf drei Säulen: Sammeln, Fotografieren, Kombinieren. Harald Popp sammelt primär Objekte, deren Funktion häufig nicht eindeutig erkennbar ist. Das können kunsthandwerkliche Objekte aus Pappmaché, Ton, Holz und Stein, aber auch Batikarbeiten sein, die eine unspezifische, häufig auch anrührende Qualität ausstrahlen. Die erworbenen Gegenstände werden unter Studiobedingungen mit den Methoden der Objekt- oder Werbefotografie, das heißt vor neutralem Hintergrund und schattenlos ausgeleuchtet, fotografiert. In der Regel jedoch so, dass durch die Wahl unkonventioneller Perspektiven ein gewisser Grad der Verunklärung erzeugt wird, der diese Methoden wiederum parodiert. Danach werden die Objekte meist wieder in den (Gebraucht-)Warenkreislauf eingeschleust.

Daneben sammelt und archiviert Harald Popp aber auch bereits existierende Abbildungen von prähistorischen Kultobjekten, modernistischen Skulpturen und anderen Artefakten, etwa aus Ausstellungs- und Auktionskatalogen oder Kunstbänden. Zudem fotografiert er Architektur und andere Motive im Stadtraum. Hierbei geht er mit großer Sachlichkeit ans Werk. Er bevorzugt Frontalansichten von eher unscheinbaren Wohngebäuden und vermeidet perspektivische Aufnahmen und allzu anekdotische Elemente. Seine eigentlichen Arbeiten entstehen jedoch erst durch das bereits durch die Vertreter des Dadaismus in die Kunstproduktion eingeführte klassische Mittel der Montage.

Egal ob Objekte oder Architekturansichten: Beiden haftet zunächst einmal eine gewisse Strenge und Dokumenthaftigkeit an, die durch die akkurate Aufnahmetechnik Harald Popps noch unterstrichen wird. Ihre spezifische Ästhetik gewinnen Harald Popps Arbeiten aus der unorthodoxen, bisweilen surrealistisch anmutenden Kombinatorik, mit der er diese unterschiedlichen Sujets zu ganz neuen Bildern verschmilzt. So ist zum Beispiel auf der Umschlagvorderseite dieser Publikation das Fragment eines neueren Wohnhauses zu sehen, in dessen Zentrum sich ein Garagentor zu befinden scheint. Ganz genau lässt sich das nicht sagen, denn auf die fragliche Stelle hat Harald Popp eine Studioaufnahme vor weißem Hintergrund montiert, die einen kleinen Holzrahmen mit einer darin enthaltenen rudimentären Webarbeit zeigt. Die industriell vorgefertigten Fassadenmaterialien des Hauses, Klinker in rot und gelb, Kunstschiefer und Holzpaneele, kontrastieren hier mit der verletzlichen Aura des Selbstgemachten. Das Motiv der Webarbeit, eine Art Auge, korrespondiert in seiner Farbigkeit mit dem im Hintergrund befindlichen, blühenden Kirschbaum. Harald Popp gelingt es also, aus zwei für sich genommen eher langweiligen Aufnahmen ein Bild zu entwickeln, das die Betrachtenden aufgrund der extremen Spannung zwischen den Bildelementen direkt anspringt.

Auf einer anderen Aufnahme rekurriert er statt auf augenfällige Kontraste auf scheinbare Ähnlichkeitsbeziehungen und eine Art Mimikry-Effekt. Vor der monoton verklinkerten Wand eines Wohngebäudes stehen Müllcontainerboxen aus Waschbeton. Harald Popp, der gerade in seinen aktuelleren Arbeiten einen stärkeren Fokus auf Strukturen und Oberflächen als auf die Objekte selbst legt, schleust in die Waschbetonoptik die Aufnahme eines kleinen Pokals ein, auf den ornamental miteinander verschlungene Turmschnecken appliziert sind.

Das mitunter verwirrende Spiel mit Vertrautem und Unvertrautem, Identität und Alterität, Korrespondenzen und Differenzen, überraschenden Konstellationen und Verweisungszusammenhängen zeichnet Harald Popps künstlerische Strategie aus. Sein bevorzugtes künstlerisches Mittel ist die Montage. Sie stellt erst die stets ambivalenten, teils auch paradoxen Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Bildelementen her.

In Ausstellungskontexten bevorzugt Harald Popp eine ortspezifische Herangehensweise, indem er die jeweiligen Gegebenheiten als Ausgangspunkt nimmt bzw. in sein Konzept integriert. So greift er in Ahrensburg auf sechs ohnehin in der Galerie vorhandene Stellwände im Format 280 x 300 cm zurück, deren Vorder- und Rückseiten er vollformatig mit Stadtansichten von Ahrensburg versehen hat, auf die er dann seine im Studio entstandenen Arbeiten setzt.
 
Ganz ähnlich wie der New Yorker Konzeptkünstler Dan Graham ab Mitte der 1960er Jahre durch das suburbane New Jersey gefahren ist, um für seine berühmte Serie „Homes for America“ standardisierte Wohnumgebungen zu fotografieren, erschließt sich Harald Popp den zukünftigen Ausstellungsort, indem er sich im Vorfeld der Ausstellung mit der Kamera auf Motivsuche im Feld des Architekonischen begibt. So auch jetzt wieder in Ahrensburg. In seinem berühmten Essay „Zeichen der Indifferenz: Aspekte der Photographie in der, oder als, Konzeptkunst“ fasst der kanadische Fotokünstler und Theoretiker Jeff Wall Dan Grahams Fotografien nicht als bloße Abbildungen sondern als „Modelle des Gesellschaftlichen“ auf 1.

Eine Einordnung, die sich auch auf die Arbeiten Harald Popps anwenden ließe, sagen seine Bildkonstellationen doch sowohl etwas über die gebaute Welt da draußen, als auch über die instabile Gemütsverfassung einer zunehmend den Rückzug ins Private praktizierenden Gesellschaft aus, die auf der Suche nach ästhetischer Orientierung zwischen selbstgemachten Bastelarbeiten und musealen Artefakten Zuflucht sucht.

1 Jeff Wall, Zeichen der Indifferenz: Aspekte der Photographie in der, oder als, Konzeptkunst, in: ders., Szenarien im Bildraum der Wirklichkeit. Essays und Interviews, hrsg. v. Gregor Stemmrich, Amsterdam, Dresden, 1997, S. 402

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Harald Popp - Katalog - Galerie im Marstall Ahrensburg - Nicole Büsing & Heiko Klaas
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Das Unvertraute im Vertrauten
Nicole Büsing & Heiko Klaas

Der Hamburger Künstler Harald Popp ist ein Virtuose der Vieldeutigkeit. Seine fotografischen Tableaus beruhen auf drei Säulen: Sammeln, Fotografieren, Kombinieren. Harald Popp sammelt primär Objekte, deren Funktion häufig nicht eindeutig erkennbar ist. Das können kunsthandwerkliche Objekte aus Pappmaché, Ton, Holz und Stein, aber auch Batikarbeiten sein, die eine unspezifische, häufig auch anrührende Qualität ausstrahlen. Die erworbenen Gegenstände werden unter Studiobedingungen mit den Methoden der Objekt- oder Werbefotografie, das heißt vor neutralem Hintergrund und schattenlos ausgeleuchtet, fotografiert. In der Regel jedoch so, dass durch die Wahl unkonventioneller Perspektiven ein gewisser Grad der Verunklärung erzeugt wird, der diese Methoden wiederum parodiert. Danach werden die Objekte meist wieder in den (Gebraucht-)Warenkreislauf eingeschleust.

Daneben sammelt und archiviert Harald Popp aber auch bereits existierende Abbildungen von prähistorischen Kultobjekten, modernistischen Skulpturen und anderen Artefakten, etwa aus Ausstellungs- und Auktionskatalogen oder Kunstbänden. Zudem fotografiert er Architektur und andere Motive im Stadtraum. Hierbei geht er mit großer Sachlichkeit ans Werk. Er bevorzugt Frontalansichten von eher unscheinbaren Wohngebäuden und vermeidet perspektivische Aufnahmen und allzu anekdotische Elemente. Seine eigentlichen Arbeiten entstehen jedoch erst durch das bereits durch die Vertreter des Dadaismus in die Kunstproduktion eingeführte klassische Mittel der Montage.

Egal ob Objekte oder Architekturansichten: Beiden haftet zunächst einmal eine gewisse Strenge und Dokumenthaftigkeit an, die durch die akkurate Aufnahmetechnik Harald Popps noch unterstrichen wird. Ihre spezifische Ästhetik gewinnen Harald Popps Arbeiten aus der unorthodoxen, bisweilen surrealistisch anmutenden Kombinatorik, mit der er diese unterschiedlichen Sujets zu ganz neuen Bildern verschmilzt. So ist zum Beispiel auf der Umschlagvorderseite dieser Publikation das Fragment eines neueren Wohnhauses zu sehen, in dessen Zentrum sich ein Garagentor zu befinden scheint. Ganz genau lässt sich das nicht sagen, denn auf die fragliche Stelle hat Harald Popp eine Studioaufnahme vor weißem Hintergrund montiert, die einen kleinen Holzrahmen mit einer darin enthaltenen rudimentären Webarbeit zeigt. Die industriell vorgefertigten Fassadenmaterialien des Hauses, Klinker in rot und gelb, Kunstschiefer und Holzpaneele, kontrastieren hier mit der verletzlichen Aura des Selbstgemachten. Das Motiv der Webarbeit, eine Art Auge, korrespondiert in seiner Farbigkeit mit dem im Hintergrund befindlichen, blühenden Kirschbaum. Harald Popp gelingt es also, aus zwei für sich genommen eher langweiligen Aufnahmen ein Bild zu entwickeln, das die Betrachtenden aufgrund der extremen Spannung zwischen den Bildelementen direkt anspringt.

Auf einer anderen Aufnahme rekurriert er statt auf augenfällige Kontraste auf scheinbare Ähnlichkeitsbeziehungen und eine Art Mimikry-Effekt. Vor der monoton verklinkerten Wand eines Wohngebäudes stehen Müllcontainerboxen aus Waschbeton. Harald Popp, der gerade in seinen aktuelleren Arbeiten einen stärkeren Fokus auf Strukturen und Oberflächen als auf die Objekte selbst legt, schleust in die Waschbetonoptik die Aufnahme eines kleinen Pokals ein, auf den ornamental miteinander verschlungene Turmschnecken appliziert sind.

Das mitunter verwirrende Spiel mit Vertrautem und Unvertrautem, Identität und Alterität, Korrespondenzen und Differenzen, überraschenden Konstellationen und Verweisungszusammenhängen zeichnet Harald Popps künstlerische Strategie aus. Sein bevorzugtes künstlerisches Mittel ist die Montage. Sie stellt erst die stets ambivalenten, teils auch paradoxen Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Bildelementen her.

In Ausstellungskontexten bevorzugt Harald Popp eine ortspezifische Herangehensweise, indem er die jeweiligen Gegebenheiten als Ausgangspunkt nimmt bzw. in sein Konzept integriert. So greift er in Ahrensburg auf sechs ohnehin in der Galerie vorhandene Stellwände im Format 280 x 300 cm zurück, deren Vorder- und Rückseiten er vollformatig mit Stadtansichten von Ahrensburg versehen hat, auf die er dann seine im Studio entstandenen Arbeiten setzt.
 
Ganz ähnlich wie der New Yorker Konzeptkünstler Dan Graham ab Mitte der 1960er Jahre durch das suburbane New Jersey gefahren ist, um für seine berühmte Serie „Homes for America“ standardisierte Wohnumgebungen zu fotografieren, erschließt sich Harald Popp den zukünftigen Ausstellungsort, indem er sich im Vorfeld der Ausstellung mit der Kamera auf Motivsuche im Feld des Architekonischen begibt. So auch jetzt wieder in Ahrensburg. In seinem berühmten Essay „Zeichen der Indifferenz: Aspekte der Photographie in der, oder als, Konzeptkunst“ fasst der kanadische Fotokünstler und Theoretiker Jeff Wall Dan Grahams Fotografien nicht als bloße Abbildungen sondern als „Modelle des Gesellschaftlichen“ auf 1.

Eine Einordnung, die sich auch auf die Arbeiten Harald Popps anwenden ließe, sagen seine Bildkonstellationen doch sowohl etwas über die gebaute Welt da draußen, als auch über die instabile Gemütsverfassung einer zunehmend den Rückzug ins Private praktizierenden Gesellschaft aus, die auf der Suche nach ästhetischer Orientierung zwischen selbstgemachten Bastelarbeiten und musealen Artefakten Zuflucht sucht.

1 Jeff Wall, Zeichen der Indifferenz: Aspekte der Photographie in der, oder als, Konzeptkunst, in: ders., Szenarien im Bildraum der Wirklichkeit. Essays und Interviews, hrsg. v. Gregor Stemmrich, Amsterdam, Dresden, 1997, S. 402

Harald Popp - Katalog - Galerie im Marstall Ahrensburg - Nicole Büsing & Heiko Klaas
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Das Unvertraute im Vertrauten
Nicole Büsing & Heiko Klaas

Der Hamburger Künstler Harald Popp ist ein Virtuose der Vieldeutigkeit. Seine fotografischen Tableaus beruhen auf drei Säulen: Sammeln, Fotografieren, Kombinieren. Harald Popp sammelt primär Objekte, deren Funktion häufig nicht eindeutig erkennbar ist. Das können kunsthandwerkliche Objekte aus Pappmaché, Ton, Holz und Stein, aber auch Batikarbeiten sein, die eine unspezifische, häufig auch anrührende Qualität ausstrahlen. Die erworbenen Gegenstände werden unter Studiobedingungen mit den Methoden der Objekt- oder Werbefotografie, das heißt vor neutralem Hintergrund und schattenlos ausgeleuchtet, fotografiert. In der Regel jedoch so, dass durch die Wahl unkonventioneller Perspektiven ein gewisser Grad der Verunklärung erzeugt wird, der diese Methoden wiederum parodiert. Danach werden die Objekte meist wieder in den (Gebraucht-)Warenkreislauf eingeschleust.

Daneben sammelt und archiviert Harald Popp aber auch bereits existierende Abbildungen von prähistorischen Kultobjekten, modernistischen Skulpturen und anderen Artefakten, etwa aus Ausstellungs- und Auktionskatalogen oder Kunstbänden. Zudem fotografiert er Architektur und andere Motive im Stadtraum. Hierbei geht er mit großer Sachlichkeit ans Werk. Er bevorzugt Frontalansichten von eher unscheinbaren Wohngebäuden und vermeidet perspektivische Aufnahmen und allzu anekdotische Elemente. Seine eigentlichen Arbeiten entstehen jedoch erst durch das bereits durch die Vertreter des Dadaismus in die Kunstproduktion eingeführte klassische Mittel der Montage.

Egal ob Objekte oder Architekturansichten: Beiden haftet zunächst einmal eine gewisse Strenge und Dokumenthaftigkeit an, die durch die akkurate Aufnahmetechnik Harald Popps noch unterstrichen wird. Ihre spezifische Ästhetik gewinnen Harald Popps Arbeiten aus der unorthodoxen, bisweilen surrealistisch anmutenden Kombinatorik, mit der er diese unterschiedlichen Sujets zu ganz neuen Bildern verschmilzt. So ist zum Beispiel auf der Umschlagvorderseite dieser Publikation das Fragment eines neueren Wohnhauses zu sehen, in dessen Zentrum sich ein Garagentor zu befinden scheint. Ganz genau lässt sich das nicht sagen, denn auf die fragliche Stelle hat Harald Popp eine Studioaufnahme vor weißem Hintergrund montiert, die einen kleinen Holzrahmen mit einer darin enthaltenen rudimentären Webarbeit zeigt. Die industriell vorgefertigten Fassadenmaterialien des Hauses, Klinker in rot und gelb, Kunstschiefer und Holzpaneele, kontrastieren hier mit der verletzlichen Aura des Selbstgemachten. Das Motiv der Webarbeit, eine Art Auge, korrespondiert in seiner Farbigkeit mit dem im Hintergrund befindlichen, blühenden Kirschbaum. Harald Popp gelingt es also, aus zwei für sich genommen eher langweiligen Aufnahmen ein Bild zu entwickeln, das die Betrachtenden aufgrund der extremen Spannung zwischen den Bildelementen direkt anspringt.

Auf einer anderen Aufnahme rekurriert er statt auf augenfällige Kontraste auf scheinbare Ähnlichkeitsbeziehungen und eine Art Mimikry-Effekt. Vor der monoton verklinkerten Wand eines Wohngebäudes stehen Müllcontainerboxen aus Waschbeton. Harald Popp, der gerade in seinen aktuelleren Arbeiten einen stärkeren Fokus auf Strukturen und Oberflächen als auf die Objekte selbst legt, schleust in die Waschbetonoptik die Aufnahme eines kleinen Pokals ein, auf den ornamental miteinander verschlungene Turmschnecken appliziert sind.

Das mitunter verwirrende Spiel mit Vertrautem und Unvertrautem, Identität und Alterität, Korrespondenzen und Differenzen, überraschenden Konstellationen und Verweisungszusammenhängen zeichnet Harald Popps künstlerische Strategie aus. Sein bevorzugtes künstlerisches Mittel ist die Montage. Sie stellt erst die stets ambivalenten, teils auch paradoxen Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Bildelementen her.

In Ausstellungskontexten bevorzugt Harald Popp eine ortspezifische Herangehensweise, indem er die jeweiligen Gegebenheiten als Ausgangspunkt nimmt bzw. in sein Konzept integriert. So greift er in Ahrensburg auf sechs ohnehin in der Galerie vorhandene Stellwände im Format 280 x 300 cm zurück, deren Vorder- und Rückseiten er vollformatig mit Stadtansichten von Ahrensburg versehen hat, auf die er dann seine im Studio entstandenen Arbeiten setzt.
 
Ganz ähnlich wie der New Yorker Konzeptkünstler Dan Graham ab Mitte der 1960er Jahre durch das suburbane New Jersey gefahren ist, um für seine berühmte Serie „Homes for America“ standardisierte Wohnumgebungen zu fotografieren, erschließt sich Harald Popp den zukünftigen Ausstellungsort, indem er sich im Vorfeld der Ausstellung mit der Kamera auf Motivsuche im Feld des Architekonischen begibt. So auch jetzt wieder in Ahrensburg. In seinem berühmten Essay „Zeichen der Indifferenz: Aspekte der Photographie in der, oder als, Konzeptkunst“ fasst der kanadische Fotokünstler und Theoretiker Jeff Wall Dan Grahams Fotografien nicht als bloße Abbildungen sondern als „Modelle des Gesellschaftlichen“ auf 1.

Eine Einordnung, die sich auch auf die Arbeiten Harald Popps anwenden ließe, sagen seine Bildkonstellationen doch sowohl etwas über die gebaute Welt da draußen, als auch über die instabile Gemütsverfassung einer zunehmend den Rückzug ins Private praktizierenden Gesellschaft aus, die auf der Suche nach ästhetischer Orientierung zwischen selbstgemachten Bastelarbeiten und musealen Artefakten Zuflucht sucht.

1 Jeff Wall, Zeichen der Indifferenz: Aspekte der Photographie in der, oder als, Konzeptkunst, in: ders., Szenarien im Bildraum der Wirklichkeit. Essays und Interviews, hrsg. v. Gregor Stemmrich, Amsterdam, Dresden, 1997, S. 402